14.5 Homothetische Funktionen

Wir nehmen bei der Darstellung von Präferenzen zumeist eine Reihe von Eigenschaften an, die aber nicht jede Präferenzordnung von Natur aus besitzten muss. Typischerweise verwenden wir nur vollständige und transitive Präferenzen, d.h. wir nehmen an, dass gilt:

  1. Vollständigkeit: Zu je zwei Alternativen A und B, kann entweder die Aussage "A ist mindestens so gut wie B" oder "B ist mindestens so gut wie A" getroffen werden. Gelten sogar beide, dann ist man zwischen A und B indifferent. Es kann aber nie der Fall auftreten, dass man A und B nicht vergleichen kann.
  2. Transitivität: Wenn "A ist mindestens so gut wie B" und "B ist mindestens so gut wie C", dann folgt "A ist mindestens so gut wie C". Nimmt als Beispiel Zahlen und als Relation "größer als", so ist diese Eigenschaft trivialerweise erfüllt. Nimmt man hingegen Fußballmannschaften und "gewinnt gegen", so kann man sich durchaus Kombinationen vorstellen, bei denen auch "C gewinnt gegen A" am Ende steht.

Eine weitere Eigenschaft, die man meist intuitiv als gegeben annimt, ist die Homothetie. Diese besagt, dass wenn "A ist mindestens so gut wie B", dann gilt dies auch für beliebige positive Vielfache, also "λA ist mindestens so gut wie λB" für ein beliebiges λ > 0.
Beispiel: Werden "A = 4 Äpfel und 2 Birnen" gegenüber "B = 2 Äpfel und 4 Birnen" bevorzugt, so gilt dies auch für "3A = 12 Äpfel und 6 Birnen" gegenüber "3B = 6 Äpfel und 12 Birnen" oder "1/2 A = 2 Äpfel und 1 Birne" gegenüber "1/2 B = 1 Apfel und 2 Birnen". Man beachte, dass diese Relation nicht zwingend voraussetzt, dass "1 Apfel" gegenüber "1 Birne" bevorzugt wird.

Eine Funktion heisst genau dann homothetisch, wenn sie als monotone Transformation einer homogenen Funktion geschrieben werden kann, d.h. eine Funktion f(x,y) ist genau dann homothetisch, wenn es eine montone Funktion h : und eine homogenen Funktion g(x,y) gibt, so dass gilt f(x,y) = h(g(x,y)).
Die Klasse der honmothetischen Funktionen ist sehr umfangreicht. Sie umschließt natürlich alle homogenen Funktionen, aber auch viele mehr. Beispielsweise ist die Funktion f(x,y) = αln(x) + βln(y) homothetisch, aber nicht homogen, da gilt

f(x,y) = αln(x) + βln(y) = ln(xαyβ) = h(g(x,y))

mit g(x,y) = xαyβ und h(x) = ln(x).
So sind beispielsweise alle linearen Funktionen, die Cobb-Douglas und die CES-Funktionen homothetisch.
Die Eigenschaft der Homothetie für Nutzen- oder Produktionsfunktionen hat eine Reihe sehr wichtiger Implikationen. Die wohl wichtigste ist, dass die Steigung der Isoquanten längs einer Ursprungsgeraden konstant ist, d.h. für ein konstantes Verhältnis der beiden Güter oder Faktoren (=Ursprungsgerade) ist die Grenzrate der Substituion (=GRS=Steigung der Isoquanten) gleich. Da die GRS durch das Preisverhältnis (oder Lohn-Zins-Verhältnis) für alle Unternehmen am Markt fest gegeben ist, muss auch das Faktoreinsatzverhältnis gleich sein. Alle Unternehmen in einem Industriesektor, d.h. gleiche Produktionstechnologie, haben also das gleiche Faktoreinsatzverhältnis, setzen also gleichviel Arbeitskräfte im Verhältnis zum Kapitaleinsatz ein, unabhängig von der Größe des Unternehmens. Es macht also für die Darstellung der Volkswirtschaft keinen Unterschied. ob ein großes oder mehrere kleine Unternehmen betrachtet werden. Diese Skaleninvarianz wird durchbrochen, sobald durch technischen Fortschritt, neue Verfahren oder Technologien, die durch Patente geschützt werden, die Produktionsfunktion in dieser Industrie nicht mehr homogen ist.
In der unten stehenden Graphik ist dies dargestellt. Sie zeigt drei Isoquanten zur Produktions- bzw. Nutzenfunktion f(x,y) = αln(x) + βln(y). Dabei können sowohl die Parameter (an den Gleitern) wie auch das Faktoreinsatzverhältnis (rotes Kreuz) variiert werden. Die Steigung der Isoquante ist bei allen drei Punkten längs der Urspungsgeraden, also bei gleichen Faktoreinsatzverhältnis, immer gleich.


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