3.1 Das Solow-Modell: Vorbemerkungen

Das Solow-Modell ist ein einfaches und vereinfachendes1 makroökonomisches Modell zur Analyse und Veranschaulichung des Wirtschaftswachstums. Robert Solow, der 1987 für seine Arbeiten über ökonomische Wachstumstheorien den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt, veröffentlichte es erstmals 1956 im Aufsatz "A Contribution to the Theory of Economic Growth" im höchst renommierten Quarterly Journal of Economics (Band 70, 1956, S. 65–94, doi:10.2307/1884513).

Die Kernfrage, die Solow beantworten will, ist:

Was treibt das langfristige Wirtschaftswachstum einer Volkswirtschaft und von welchen Bedingungen hängt die Antwort ab?

Inbesondere untersucht man den Einfluss des technischen Fortschritts im Vergleich zum (steigenden) Einsatz von Kapital und Arbeit. Die Zeit in der das Modell entwickelt wurde war geprägt von starkem Wirschaftswachstum (Wirtschaftswunder in D), steiler technologische Entwicklung, Rekapitalisierung der Volkswirtschaften nach dem Krieg, Bevölkerungswachstum, ansteigende durchschnittliche Bildung, Erweiterung des Arbeitskräfteangebots durch Frauen. So erscheinen die Modellvariablen zwar damals naheliegender als heute, sie sind dennoch auch heute noch zentrale Determinanten unserer makroökonomischen Vorstellung vom Wirtschaftswachstum.

Daneben untersucht das Modell auch die Frage der optimalen Sparquote und des maximalen Konsums.

Wachstum

Die Wachstumstheorie sucht nach Erklärungsansätzen für die Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Outputs. Dabei sind die typischen Standardmodelle, wie das hier vorgestellt Solow-Modell, zwar oft einfach und intuitiv verständlich, stehen jedoch oft im Kontrast zu einzelnen empirischen Befunden. So führt bereits Kaldor 1963 bekannte stilisierte Fakten auf, die von den einfachen Modellen nicht alle erklärt werden können. So gelten typischerweise folgende Aussagen:

Mit Hilfe des Solow Modells werden wir z.B. sehen, dass dauerhaftes Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens nur möglich ist, wenn es technischen Fortschritt gibt.

Drei Kernelemente werden bei der Darstellung des Modells wichtig werden:

  1. die Reduzierung auf die Kapitalintensität als zentrale Variable, d.h. die Menge an Maschinen (Kapital) pro Kopf der arbeitenden Bevölkerung
  2. neoklassische Produktionsfunktion
  3. die konstante Sparen

Die verwendeten Variablen

Symbol Erläuterung Einheit
Y Bruttoinlandsprodukt (BIP)
y = Y L BIP pro Kopf
C Privater Konsum
I (Brutto-)Investitionen
S Ersparnis
K Kapitalstock
k = K L Kapitalintensität = pro-Kopf-Kapitalstock
L Bevölkerung, Arbeitseinsatz Anzahl
F Produktionsfunktion Funktion
f Produktionsfunktion in abhängigkeit von der Kapitalintensität Funktion
T Technologieparameter Zahl
s = dS dY Sparneigung Zahl
δ Abnutzungsrate des Kapitalstocks Zahl
n Wachstumsrate der arbeitenden Bevölkerung Zahl
t Zeitindex Zahl

Alle Variablen beziehen sich auf den Zeitpunkt t, wenn nichts anderes angegeben ist, d.h. C = Ct ist der Konsum zur Zeit t.

1Die Vereinfachungen sind beispielsweise die ein-Gut-Annahme (Konsum- und Investitionsgut sind dasselbe), die fehlende Mikrofundierung (z.B. keine individuellen Entschiedungen über Konsum oder Sparen, sondern die Verwendung repräsentativer Agent, die zu Makrogrößen aufkumuliert werden) usw. Auch in komplexeren Modellen, die diese Vereinfachungen nicht treffen, werden dennoch viele der Aussagen des Solowmodells zumindest qualitativ bestätigt.


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Prof. Dr. Christian Bauer, Lehrstuhl für monetäre Ökonomik, Universität Trier, D-54296 Trier, E-mail: bauer@uni-trier.de