6.1.3 Das Harrod-Balassa-Samuelson Modell

Es ist ein empirisch gut belegtes Faktum, dass Länder, die gerade dabei sind, sich zu Industriestaaten zu entwickeln, höhere Inflationsraten aufweisen als Industriestaaten. Gerade als es um die Kriterien für den Eurobeitritt insbesondere der MOE Staaten ging, wurde dieses Faktum heiss diskutiert. Das Argument der einen Seite war, dass (zu) hohe Inflationsraten auf eine zu expansive Geldpolitik zurückzuführen sei. Das Argument der anderen Seite war, dass erhöhte Inflationsraten bei Schwellenländern vor allem auf deren höhere Wachstumsraten zurückzuführen sei. Das Harrod-Balassa-Samuelson Modell erläutert diesen Zusammenhang.

Im Modell werden zwei Länder, A und B, betrachtet, deren Volkswirtschaften aus jeweils zwei Sektoren, handelbaren (T) und nicht handelbaren (NT) Gütern, besteht. Für handelbare Güter gilt das "Law-of-one-price", d.h. pT,B > pT,A. Land A sei das Schwellenland, Land B das Industrieland, d.h. die Produktivität ist in beiden Ländern im NT-Sektor gleich (GPANT,A = GPANT,B = 1, GPA ist das Grenzprodukt der Arbeit), im T-Sektor ist Land B produktiver (GPAT,A < GPAT,B). In beiden Ländern seien die Arbeitsmärkte vollständig, d.h. alle Arbeitskräfte werden nach Wertgrenzprodukt entlohnt. Die Löhne sind zwischen den Sektoren gleicht und Arbeitskräfte können zwischen den Sektoren wechseln. Es gilt somit

pT GPAT,A = wA = pNT,A GPANT,A = pNT,A,

wobei p den preis von handelbaren bzw. nicht handelbaren Gütern und w den Lohnsatz des jeweiligen Landes beschreibt und dieselbe Gleichung gilt auch für Land B. Da die Produktivität im handelbaren Sektor in Land B höher ist als in Land A, sind es natürlich auch die Löhne wB > wA. Da die Produktivität im nicht handelbaren Sektor aber in A und B gleich ist, muss auch der Preis im nicht handelbaren Sektor und damit das gesamte Preisniveau in B höher sein (pNT,B > pNT,A und damit pB > pA). Somit ist Land B reicher, hat höhere Löhne und ein höheres Preisniveau (Penn-Effekt).

Nun gehen wir davon aus, dass das Land A ein größeres Produktivitätswachstum bei den handelbaren Gütern hat, d.h. das Schwellenland holt zu den Industrieländern auf. Zur Vereinfachung sei Land B im stationären Gleichgewicht. Wenn in A die Produktivität im handelbaren Sektor steigt, steigen dort aufgrund der Entlohnung nach Wertgrenzprodukt auch die Löhne im handelbaren Sektor. Aufgrund der vollständigen Arbeitsmärkte steigen die Löhne auch im nicht handelbaren Sektor. Da dort allerdings die Produktivität konstant ist muss aufgrund der Entlohnung nach Wertgrenzprodukt der Preis der nicht handelbaren Güter steigen und damit auch das gesamte Preisniveau. Somit ist die Inflationsrate aufgrund des Produktivitätswachstums im Schwellenland höher als im Industrieland.

Empirische Evidenz zur Kaufkraftparitäten-Theorie

Die Kaufkraftparitätentheorie erklärt Wechselkursbewegung relativ gut für Länderpaare mit sehr hohen Inflationsunterschieden, lässt sich aber für Länder mit niedriger Inflation nicht verifizieren. Beispielsweise lässt sich für Perioden der Hyperinflation wie in Deutschland zwischen den Weltkriegen die parallele Entwicklung von Preisniveau und Wechselkurs sehr gut beobachten.

PPP Weimar

Das Gesetz des einheitlichen Preises gilt empirisch nicht, wenn die Abweichungen zu gering sind, da beispielsweise Transportkosten die Arbitragemöglichkeiten einschränken. Dennoch besteht eine schwache Beziehung zwischen Wechselkursänderung und Inflationsdifferenzen sowohl kurz- wie mittelfristig, d.h. es gibt eine positive Korrelation von realem und nominalem Wechselkurs. Aufgrund der Trägheit der Preise überträgt sich die hohe kurzfristige Volatilität des nominalen aud den realen Wechselkurs.

PPP nach 1970


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Prof. Dr. Christian Bauer, Lehrstuhl für monetäre Ökonomik, Universität Trier, D-54296 Trier, E-mail: bauer@uni-trier.de